Otto Schmidt Verlag


FG Münster v. 11.3.2025 - 15 K 3303/20 U

Unterliegen Zahlungen eines IT-Dienstleisters für Mitwirkungshandlungen im Rahmen einer IT-Migration der Umsatzsteuer?

Kompensationszahlungen, die eine Bank von ihrem IT-Dienstleister für bestimmte im Rahmen einer IT-Migration erforderlichen Mitwirkungshandlungen erhält, unterliegen nicht der Umsatzsteuer. Gem. § 4 Nr. 8 Buchst. g) UStG sind die Übernahme von Verbindlichkeiten, von Bürgschaften und anderen Sicherheiten sowie die Vermittlung dieser Umsätze steuerfrei.

Der Sachverhalt:
Bei der Klägerin handelt es sich um eine Genossenschaftsbank. Sie hatte dauerhaft Leistungen von einem konzernangehörigen IT-Dienstleister bezogen. Im Zuge einer Systemumstellung führte der IT-Dienstleister ein neues Kernbanksystem ein, was eine IT-Migration nach sich zog. Die Migration erfolgte auf Grundlage eines Projektvertrags, in dem detaillierte Mitwirkungspflichten der Klägerin geregelt waren. Diese betrafen u.a. die Bereitstellung von Projektpersonal, Datenpflege, Schulungen, Tests sowie das Begleiten des Migrationsprozesses am betroffenen Wochenende.

Dies Mitwirkungen waren zwingend notwendig, da der IT-Dienstleister keinen Zugriff auf interne Systeme und Prozesse der Bank hatte. Hätte die Klägerin den Migrationsvertrag und den neuen Servicevertrag nicht abgeschlossen, wäre sie gezwungen gewesen, sich einen externen IT-Dienstleister zu suchen. Nach erfolgreicher Migration erhielt die Klägerin vom IT-Dienstleister eine pauschale Kompensationszahlung je umgestelltem Arbeitsplatz.

Das Finanzamt nahm einen Leistungsaustausch zwischen den Mitwirkungshandlungen und der Kompensationszahlung an und unterwarf die Zahlung daher der Umsatzsteuer. Die Klägerin widersprach dieser umsatzsteuerlichen Behandlung mit dem Hinweis, dass es sich um eine nicht steuerbare Beistellung handle. Die Mitwirkungshandlungen seien notwendiger Bestandteil des Projekts gewesen und hätten keinen eigenständigen wirtschaftlichen Vorteil für den Dienstleister bedeutet.

Das FG hat der Klage vollumfänglich stattgegeben. Allerdings wurde die Revision zum BFH zugelassen.

Die Gründe:
Bei dem an die Klägerin gezahlten Kompensationsbetrag handelte es sich weder um Entgelt für die im Rahmen der Migration zu erbringenden Mitwirkungshandlungen der Klägerin noch um eine Entgeltminderung in Bezug auf den Servicevertrag betreffend, sondern vielmehr um Entgelt für die Eingehung des Servicevertrags, was eine nach § 4 Nr. 8 Buchst. g) UStG steuerfreie Begründung einer Geldverbindlichkeit darstellte.

Die Mitwirkungshandlungen der Klägerin stellten keine eigenständige steuerbare Leistung dar. Sie haben ausschließlich dazu gedient, die Migration durchzuführen, waren projektimmanent und auf Seiten der Klägerin notwendig gewesen, ohne dem Dienstleister einen selbständigen, verbrauchsfähigen Vorteil zu verschaffen. Es hat auch kein unmittelbarer Zusammenhang zwischen den Mitwirkungshandlungen und der Kompensationszahlung bestanden. Die Zahlung war nicht als Gegenleistung für eine Leistung, sondern zur Unterstützung der Klägerin im Rahmen der Systemumstellung erfolgt.

Auch eine Minderung des Entgelts i.S.v. § 17 UStG lag nicht vor, da die Kompensation nicht in Zusammenhang mit den Abrechnungen für den neu geschlossenen Servicevertrag gestanden und auch nicht die Bemessungsgrundlage beeinflusst hatte. Vielmehr handelte es sich bei der Kompensationszahlung wirtschaftlich um ein Entgelt für die Eingehung des neuen Servicevertrags durch die Klägerin, da sich eine entsprechende Verknüpfung aus den abgeschlossenen Verträgen ergab. Ob insoweit überhaupt eine steuerbare Leistung vorgelegen hatte, konnte der Senat offenlassen. Die Zahlung war jedenfalls als Entgelt für die Eingehung einer Geldverbindlichkeit nach § 4 Nr. 8 Buchst. g) UStG steuerfrei. Danach sind die Übernahme von Verbindlichkeiten, von Bürgschaften und anderen Sicherheiten sowie die Vermittlung dieser Umsätze steuerfrei.

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Verlag Dr. Otto Schmidt vom 15.05.2025 13:40
Quelle: FG Münster - Newsletter v. 15.5.2025

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